Yin – Yang, das Tao und was das mit unserem Leben zu tun hat

Dez 17, 2019Allgemein

Tao ist leer,

in seinem Wirken aber unerschöpflich“, heißt es im Tao Te King, dem alten chinesischen Klassiker der taoistischen Literatur.

Weiter:

„Tao ist ewig und namenlos,

Obwohl so einfach,

vermag die Welt noch nicht, es zu erfassen.“

Es erscheint mysteriös und ich versuche, zu erklären. Denn das Verständnis um das Tao ist so grundlegend wichtig, wenn wir uns mit unserem natürlichen Weg und einer gesunden Lebensführung befassen. Das Tao kann uns helfen, die Vorgänge des Lebens zu verstehen und den Ballast, der uns davon abhält, damit im Einklang zu sein, loszulassen.

Doch fangen wir nochmal oben an. Von was sprechen wir hier? 


Taoismus – die Lehre vom Tao.

Der Taoismus ist die ursprüngliche Religion und Philosophie Chinas, eine der drei Säulen, die das Leben und Denken in China maßgeblich geprägt haben (Taoismus, Buddhismus und Konfuzianismus)

Tao – ein Etwas oder ein Nicht-Etwas, dass sich laut Literatur nicht in Worte fassen lässt.

Das Tao wird oft als Weg oder Sinn übersetzt, hat aber eine viel umfassendere Bedeutung. Es gleicht eher einem Prinzip, welches jeder Schöpfung zu Grunde liegt. Doch dazu gleich mehr.

Tao Te King – das heilige Buch vom Tao, verfasst vor 2500 Jahren von dem chinesischen Weisen Lao-tse. So etwas wie die Bibel des Taoismus, nur sehr viel kürzer und einfacher.


Also zusammengefasst: es gibt ein Buch über das Tao. In diesem Buch steht, dass das Tao etwas ganz Großartiges sei, das man aber nicht benennen kann. Und es gibt eine Lehre vom Tao, die einem das Ganze auch nicht besser erklärt. 

Aus dem fernen Europa betrachtet klingt das alles erstmal etwas skuril. Doch es lohnt sich, genauer hinzuschauen.

Wir haben im Christentum unseren Gott schon oft beschrieben. Einen Bart hat er und er ist gütig, verzeiht alles, straft aber hart (um nur ein paar Eigenschaften zu nennen). Er hat einen Sohn und, ach, er scheint ein Mann zu sein. Ja, ja, hier entstehen eine ganze Menge Probleme und Missverständnisse. Wenn wir an die Wurzel unserer Religion kommen wollen, dürfen wir auch Gott nicht beschreiben. Auch Gott verkörpert ein Prinzip, welches jeder Schöpfung zu Grunde liegt und aus dieser göttlichen Kraft wird alles erschaffen, was wir auf dieser Welt und darüber hinaus zu sehen, zu hören und zu riechen bekommen. Wenn wir noch einen Schritt weiter gehen und uns von den Bildern, die unsere Religionen erschaffen haben, lösen, dürfen wir eine allem zugrunde liegende Urkraft finden. Eine Kraft, die alles durchströmt und den ganzen Laden hier am Laufen hält. Mit Newton und Darwin kommen wir da ganz einfach irgendwann an unsere Grenzen, doch das ist ein anderes Thema.

Der Taoismus stellt das Tao in seinen Mittelpunkt und sagt, folgt dem Tao und alles wird erschaffen, nichts bleibt ungetan. So bleibt alles in Veränderung und wir sind angebunden an unseren Sinn.

Man kann ganze Bücher füllen, um das Tao zu erklären. Doch will und kann ich das gar nicht. Das Tao will erfahren werden und es gibt zahllose Mögichkeiten, dies zu tun.

Betrachten wir das Tao als ein Schöpferprinzip, ergeben sich daraus Dinge, die wir ganz konkret greifen, hören, riechen, schmecken und erfahren können. Nehmen wir beispielsweise ein Kind, ein Mädchen, gezeugt von Mama und Papa, doch erschaffen vom Tao. Natürlich wird auch ein Junge vom Tao erschaffen. Oder ein Stein oder die Sonne. Auch Tag und Nacht werden erschaffen, sonst wären sie ja nicht da und erlebbar für uns.

Im Tao Te King steht

„Das Tao erzeugt das Eine,

das Eine erzeugt die Zwei,

die Zwei erzeugt die Drei,

die Drei erzeugt die abertausend Dinge.“

Also das Tao erzeugt zwei Extreme und zwischen diesen extremen Polen spielt sich das Leben ab. Diese Pole sind Mann und Frau, Tag und Nacht, oben und unten, alles und nichts. Sie gehören zusammen und lassen sich nicht voneinander trennen. Alles was wir erfahren und erleben bewegt sich zwischen zwei Polen. Diese Pole nennen die Chinesen Yin und Yang und ihnen zugrunde liegt das Tao.

Schon wenn wir den einfachen Schritt gehen, zu akzeptieren, dass es zu dem Yin auch ein Yang (und umgekehrt) gibt, wird unsere Leben schlagartig einfacher. Wir kämpfen nicht mehr gegen den Schatten, weil wir wissen, dass er zur Sonne gehört. Wir streiten nicht mehr mit dem Schmerz, weil er zu unserem Wohlbefinden dazugehört. Wir haben keine Angst mehr vor unserer Angst, weil wir wissen, dass es ohne sie auch keinen Mut gäbe. Ohne Altern keine Jugend, ohne Wahnsinn keinen Verstand, ohne Hass keine Liebe.

Es klingt verrückt und lässt uns fragen: Soll ich jetzt Hass in mein Leben lassen, um Liebe zu erleben. Ganz und gar nicht, doch kann es sehr heilsam sein, zu erkennen, dass Hass nie alleine steht. Und besser noch, wir können Yin mit Yang begegnen. Wenn Hass auf Liebe trifft, kommt etwas in Bewegung. Wenn Angst auf Mut trifft, werden neue Wege beschritten. Das Prinzip der Polaritäten läd dazu ein, das ganze Spektrum, welches zwischen den Polen liegt, zu nutzen. Kennen wir dieses Prinzip nicht, sind wir vielleicht geneigt, auf einer Seite zu verharren. Und das wäre nicht nur vergeudete Zeit und Energie, sondern lässt uns auch in ein Ungleichgewicht steuern. Am leichtesten nachvollziehbar dürfte der häufig vorkommende Fall von, sagen wir, Rückenschmerzen sein. Fehlt dem Mensch Bewegung, Leichtigkeit und Liebe und hat dafür übermäßig viel Unmut, Schwere und verbringt viele Stunden am Tag in statischer Körperhaltung, entwickelt er höchstwahrscheinlich irgendwann Rückenschmerzen. Der Gegenpol wird nicht gelebt. Oft lässt sich beobachten, dass Menschen, die besonders stark und lange an einem Pol ausharrten, zum Ausgleich ins andere Extrem rutschen. Um bei dem Beispiel zu bleiben wird hier im Urlaub vielleicht Extremsport gemacht und sehr viel Witz und Leichtigkeit gelebt. Vielleicht wird sich auch einer Romanze hingegeben. Das dient alles dem Ausgleich. Der Körper verlangt danach und holt sich, was er braucht.

Je weiter wir in unserem Handeln und Sein weg von diesen Polen sind, um so weniger Ausgleich benötigen wir. Und das heißt nicht, dass es immer besser und ertrebenswert wäre, sich in der Mitte dieser Pole zu befinden. Eine Frau ist eine Frau und wird sich nicht oder nur bedingt in die Mitte zwischen Mann und Frau bewegen. Wenn sie aber um das Gesetz von Yin und Yang weiß, wird sie z.B. nicht mehr gegen ihren Mann kämpfen, weil sie weiß, dass das ihr Partner ist oder zumindest sein kann.

Lass das Wissen um die Polaritäten in dein Leben und du wirst milder und verständisvoller werden. Das Tao hat alle nur erdenkliche Kraft und wir müssen es nicht verstehen, um diese Kraft zu nutzen.

Das Tao erzeugt das Eine,

das Eine erzeugt die Zwei

und das Leben nimmt Gestalt an.

Der Kampf kann enden und zu einer pendelnden Kraft zwischen Yin und Yang werden.

Autor: René Fix, Leiter des kiCollege